Rasseportrait

 

Der Haflinger – edel * modern * charakterstark
Eine der vielseitigsten Pferderassen der Welt!


Die Ers
cheinung:
Jeder erkennt das blonde Pferd schon von Weitem, denn die Fuchsfarbe mit dem lichten (oft noch sehr langen) Langhaar ist Markenzeichen dieser Rasse. Dabei ist jedoch zu erwähnen dass die Fuchsfarbe in jeglicher Farbvariation vorkommen darf – vom Kohlfuchs bis zum hellen Lichtfuchs sind alle Farben erwünscht. Farbunreinheiten in Schweif und Mähne sind nicht gern gesehen, ebenso sind mehr als ein Beinabzeichen und auch Edelflecken (schwarze Flecken im Fell) unbeliebt, treten aber immer mal wieder auf. Dies schränkt jedoch den Haflinger in seiner Verwendung in keinster Weise ein.
Viele denken: „Dick, blond, klein – das muss ein Haflinger sein“ …
Dem ist heutzutage aber längst nicht mehr so! Der Haflinger hat sich zum modernen Freizeitpferdetyp gewandelt. Viele Reitpferdepoints (Ganaschenfreiheit, genügend langer Rücken, elastische Bewegungen, gut gelagerte Schulter,…) zeichnen heute den modernen Haflinger (egal ob mit Blutzufuhr oder in Reinzucht) aus. So erreichen heute viele Haflinger eine Größe von 1,50m und mehr. Dies ist dem Zuchtziel entsprechend und auch zu begrüßen, solange die Harmonie erhalten bleibt.

 

Das Besondere am blonden Pferd – ihr Charakter
Oft wird kein gutes Wort am Haflinger gelassen, denn diese Rasse ist eine der intelligentesten. Kein Weidezaun, keine Boxentür mag vor einem Haflinger sicher sein, denn sie wissen genau was sie tun. Diese Eigenschaft verleiht dem Haflinger oft das Attribut „stur, eigensinnin
nig und faul“, doch der Haflinger weiß genau für wen und was es sich lohnt „etwas zu tun“. Ist ihre Ausbildung solide und fachmännisch durchgeführt und wird auf ihren Charakter eingegangen, so sind die doch als so stur verschrienen Pferde wahre Freunde fürs Leben.

Anfängerpferde?
Ja? Genau darin liegt die Ursache, wieso Haflinger ihren Ruf als „die Blonde Gefahr“ etc. haben. Oft werden Haflinger (weil sie vielleicht so lieb und nett aussehen?!) für Kinder und Reitanfänger empfohlen und leider auch oft nur laienhaft ausgebildet. So tanzt bald jeder Haflinger dem ungeübten Reiter auf der Nase herum. Die Investition in eine solide und korrekte Grundausbildung sollte so für jeden Haflinger aufgebracht werden, denn dann sind sie wirkliche Familienpferde – charakterstark, unerschrocken und lieb, dabei aber auch sehr lernfähig, intelligent und aufgeschlossen.

 

Geschichte einer jungen Pferderasse – keine 150 Jahre alt

Kaum einer weiß es, aber der Haflinger ist eine recht junge Rasse. Erst 1874 begann die Geschichte der Haflinger, mit der Geburt des Goldfuchshengstfohlens "249 Folie" in Südtirol (Italien, dazumal Österreich). Er war der Sohn eines orientalischen Halbblut (El Bedavi XXII) und einer veredelten Landstute. Es entwickelten sich 7 "Blutlinien" mit ihren Stammvätern (Anselmo (A-Linie); Bolanzo (B-Linie); Stelvio (S-Linie); Massimo (M-Linie), Student (St-Linie), Nibbio/Niggl 2 (N-Linie), Willi (W-Linie)), die zwischen 1915 und 1927 geboren wurden, welche alle auf 249 Folie zurück zuführen sind. Leider wurde der mütterlichen Abstammung zum damaligen Zeitpunkt kaum Beachtung geschenkt, da man davon ausging, der Hengst vererbe sich zu (nahezu) 100% weiter.
Erst 1897 wurde erst eine planmäßige Zucht aufgebaut und auch die ersten Stuten registriert. Ein Jahr später (1898) wurde dann die Rassebezeichnung „Haflinger“ genehmigt, welcher vom Ort „Hafling“ in Südtirol herrührt. Der Name „Haflinger“ war davor eine allgemeine Bezeichnung für ein Saum- und Tragepferd, das aus der Umgebung von Hafling stammte und vor allem auch zu militärischen Zwecken eingesetzt wurde.
Im Jahre 1904 wurde dann die erste „Haflinger-Zuchtgenossenschaft“ gegründet, welche die Reinzucht der Haflinger förderte und erste Abstammungspapiere ausstellte.
Der erste Weltkrieg beeinträchtigte die Haflingerzucht. Jedoch wurde die Zucht danach wieder aufgenommen. Beim zweiten Weltkrieg erfuhr die Haflingerzucht sogar eine Belebung, denn es wurden Pferde zum militärischen Einsatz benötigt. Nach dem Krieg waren kaum mehr Trag- und Lasttiere gefragt und so stellte sich die Frage nach der Verwendung des Haflingers in der Zukunft. Aus diesem Grund steht heute die Eignung als Freizeitpferd – ins besondere als Reit- und Fahrpferd - im Vordergrund und ist auch im Zuchtziel verankert.


Verbreitung des Haflingers

Obwohl der Haflinger nur etwas mehr als 100 Jahre gezielt gezüchtet wird, ist er eine der bekanntesten Pferderassen weltweit. Er hat nicht nur in allen Ländern Europas Fuß gefasst, sondern ist auch in Amerika, Australien und sogar im südlichen Asien und Afrika anzutreffen. Diese weite Verbreitung des Haflingers zeigt die Beliebtheit dieses einzigartigen Pferdes in Aussehen und Charakter.


Eine der vielseitigsten Pferderassen der Welt


Freizeitpferd

Vornehmlich ist der Haflinger ein Pferd für den Freizeitsport und somit für alles offen. Sein einzigartiger Charakter machen ihn zum Besonderen. Lernfähig durch seine Intelligenz, unerschrocken und leistungsbereit lassen ihn durch eine korrekte Ausbildung zum idealen Freizeitpartner werden. Der Haflinger wird zudem aber auch im aktiven Turniersport gefördert. Jährlich finden in Deutschland mehrere Haflingerturniere statt und die alle 3 Jahre stattfindende Europameisterschaft der Haflinger findet stets reges Interesse. Nach den Durchführungen 2003 in Österreich, 2006 in Deutschland,  fand diese Meisterschaft in diesem Jahr in Meran/Italien statt. 2012 wird sie in Tschechien durchgeführt werden. Hierbei werden Wettbewerbe in allen Verwendungszwecken des Haflingers veranstaltet.

 

 

Springhaflinger
Auch im Springsport ist das leistungsbereite Kleinpferd oft ungeschlagen. Aktuell (November 09) wurde ein neuer Weltrekord aufgestellt, bei dem ein Haflinger aus Österreich ein 1,65m hohes Hindernis überwand.
Auf Grund seiner Größe sind jedoch Grenzen für den höheren Leistungssport gesetzt. Dennoch gibt es auch Haflinger die in Springen der Klasse L gegen Großpferde erfolgreich vorgestellt werden.

Auch im Vielseitigkeitssport ist der Haflinger beheimatet. Seine Wendigkeit, Intelligenz und Schnelle lassen ihn über feste Hindernisse und durch das Wasser nur so fliegen.

 

 

 

Dressurhaflinger
Der Haflinger verfügt durch die gezielte Zucht nicht nur über genügend positive Reitpferdeeigenschaften in seinem Exterieur, sondern auch über exzellente Bewegungen, die viele Warmblüter in den Schatten stellen. Somit sind (leider nur wenige) Haflinger auch im Dressursport bis in die höheren Klassen anzutreffen.




 

 

 

 

Westernhaflinger
Der „Alpenquater“ wie der westerngerittene Haflinger oft bezeichnet wird, ist auch auf vielen Westernturnieren beheimatet. Viele Westernreiter haben das Talent der blonden Tiroler erkannt und schwören darauf, sowie auf das ausgeglichene, coole Wesen, welches gerade beim Westernreiten so wichtig ist. Heute stehen die Haflinger den Quartern und Paint Horses oft in nichts mehr nach und sind selbst bis hinauf in die Openklassen in den vorderen Plätzen vertreten.

 

 

 

 

 

 

 

Fahrhaflinger
Im Fahrsport ist der Haflinger nicht mehr wegzudenken. Nicht nur bei geselligen Sonntagsausfahrten oder Veranstaltungen, wie Hochzeiten und Paraden, macht der Haflinger vor der Kutsche ein schönes Bild, sondern ist auch im Leistungssport vorne mit dabei.

Sonstige Verwendung
Aufgrund ihrer Intelligenz und Lernfähigkeit sind Haflinger oft auch auf Shows mit Zirkuslektionen zu finden. Auch als Therapiepferd leisten viele Haflinger bereitwillig mit viel Geduld ihren Dienst.
Kaum eine andere Rasse zeigt solch eine große Verbreitung in allen Disziplinen der Pferdewelt. Daher ist der Haflinger wohl eine der vielseitigsten Pferderassen der Welt, welcher mit der geeigneten Ausbildung auch in höheren Klassen des Pferdesports anzutreffen ist!



Reinzucht vs. Edelblut - der Streit um die Prozente

Der Haflinger ist eine recht junge Rasse. Die Zucht des Haflingers wird seit ca. 1904 in Reinzucht fortgeführt. Die arabischen Wurzeln des Haflingers sind wohl unumstritten und äußern sich heute noch im Erscheinungsbild des Haflingers. Dennoch ist in den meisten Ländern der Welt die Reinzucht vorzufinden. Auf Grund der Änderung im Zuchtziel vom damals gebräuchlichen Tragetier zum vielseitigen Freizeitpferd wurde in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Deutschland (v. a. Bayern) Araberhengste zur "Blutauffrischung" eingesetzt, u. a. auch um die Reiteigenschaften des Haflingers zu verbessern. Doch auch die reingezogenen Haflinger erfüllten ohne "Blutauffrichung" das moderne Zuchtziel des universellen Reit- und Fahrpferdes schnell.
Entgegen allgemeiner Meinung ist heutzutage kein optischer Unterschied zwischen den Rassen Edelbluthaflinger und Haflinger zu erkennen!!!
Beide Rassen verfolgen das gleiche Zuchtziel.
Der Ursprung der Diskussion über die Prozentanteile  liegt darin, dass 2003 für jede Rasse ein Ursprungszuchtgebiet festgelegt wurde, welches das Zuchtziel und die Bedingungen der weiteren Zucht festlegt. Dieses wurde Italien, da der Ursprung des Haflingers in Südtirol liegt (dazumal Österreich). So wurde festgelegt, dass ein Haflinger max. 1,56% „Fremdblut“ besitzen darf. Auf Grund der eben erwähnten „Blutauffrischung“ in Deutschland durften nun viele blonde Pferde in Deutschland nicht mehr als Haflinger bezeichnet werden. Daher erfolgte die Gründung einer neuen Rasse – dem Edelbluthaflinger, welcher mit Blutanteilen von 1,57-25% mit den gleichen Zuchtzielen weiter gezüchtet werden soll. Das Ursprungszuchtbuch für diese Rasse liegt in Deutschland. In den meisten anderen Ländern, gibt es diese Rasse so allerdings nicht.
Die Trennung in Haflinger und Edelbluthaflinger erweist sich nicht gerade förderlich für das doch recht schlechte Image der Haflingerrasse in der Reiterwelt.
Das Ziel ist es die Vielseitigkeit, Modernität, Leistungsbereitschaft und Charakterstärke des Haflingers in ein neues Licht zu rücken, denn der Haflinger ist und bleibt, abgesehen von ihrem „Blutanteil“, eine der beliebtesten Pferderassen der Welt und eben nicht das „0815 blonde, dicke , sture Pony von nebenan“.

Text: Nicole Bölle